Besonders in der Gynäkologie, aber auch beim Augen- oder Hautarzt gibt es so genannte IGEL-Leistungen, medizinische Leistungen, die der Patient selber tragen muss. Aber welche sind sinnvoll und wie viel Vorsorge braucht es? Das sagen Mediziner.

Wermelskirchen. Anna Slutschanski begrüßt manchmal Patientinnen in ihrer Praxis, die seit 20 Jahren nicht mehr bei der frauenärztlichen Vorsorgeuntersuchung waren. Die Gynäkologin mit Praxis im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Krankenhauses wirbt deshalb dringlich mit ihrem Team für die jährliche Vorsorgeuntersuchung. „Denn leider ist eine Erkrankung, wenn die Frauen erst mit Beschwerden zu uns kommen, manchmal schon recht weit fortgeschritten. Und das muss nicht sein“, sagt die Medizinerin.

Nicht alle IGEL-Leistungen sind bei jeder Frau sinnvoll

Sie sagt aber auch: „Nicht alle Vorsorgeuntersuchungen, die von den Krankenkassen als sogenannte IGEL-Leistungen angeboten werden, sind zwingend notwendig.“ Und sie nennt Beispiele: „Wir empfehlen beispielsweise die Ultraschalluntersuchung der Brust eher als Ergänzung zur Mammographie.“ Die Ultraschalluntersuchung des Unterleibs hält sie hingegen in vielen Fällen für sinnvoll.

Ärztin Anna Slutschanski (l.) und Svenja Odelga werben für die Vorsorgeuntersuchung.

„Was ebenfalls wichtig ist, ist der Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs“, unterstreicht Anna Slutschanski. In Deutschland kann jede krankenversicherte Frau ab 20 Jahren einmal im Jahr kostenlos diese Untersuchung wahrnehmen. Frauen zwischen 20 und 34 Jahren erhalten dann auch einen Zellabstrich vom Gebärmutterhals, den sogenannten Pap-Test, um dort Zellveränderungen aufzuspüren.

Den Körper im Blick behalten

Neu seit Januar 2020 ist das Screening auf Gebärmutterhalskrebs für Frauen ab 35 Jahren: Sie können neben der jährlichen gynäkologischen Untersuchung alle drei Jahre einen Test auf humane Papillomviren (HPV) wahrnehmen. Dieser wird dann mit einem Pap-Abstrich kombiniert.

Es empfehle sich, betonen Anna Slutschanski und die leitende Medizinische Fachangestellte des MVZ am Schwanen, Saskia Odelga, immer eng mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin abzusprechen, was im individuellen Fall sinnvoll ist. „Und bei Frauen empfehlen wir zudem, den eigenen Körper selbst gut im Blick zu behalten.“ „Das regelmäßige Abtasten ihrer Brust vernachlässigen viele“, weiß Saskia Odelga. „Aber das kann man beispielsweise alle vier Wochen sehr gut unter der Dusche machen. Und bei Veränderungen das Ganze in der gynäkologischen Praxis abklären lassen.“ Und: „Eine Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt wird jährlich von den Kassen übernommen.“ Die solle man sich auch jährlich im Kalender vormerken lassen.

Kassenärztliche Vereinigung gibt einen Überblick

Individuell mit dem behandelnden Arzt besprechen, was nötig ist, das empfiehlt auch der Sprecher der Hausärzte, Tobias Hopff. Er sagt: „Jeder Patient, jede Patientin, kann auch mal in den Katalog der Früherkennungsuntersuchungen der Kassenärztlichen Vereinigung schauen. Dort ist aufgelistet, was die Kassen zahlen und was eben nicht. Und das ist dann eine gute Grundlage für das Arztgespräch.“

Zwischen dem 18. und dem 35. Lebensjahr haben demnach zum Beispiel gesetzlich Krankenversicherte einmalig Anspruch auf die Gesundheitsuntersuchung. Ab dem Alter von 35 kann der Check-up alle drei Jahre in Anspruch genommen werden. Dabei werde Laboruntersuchungen bei Versicherten unter 35 Jahren nur bei entsprechendem Risikoprofil empfohlen.

Hautkrebs-Screening wird ab 35 empfohlen

Und was manche noch vergessen: Ab dem Alter von 35 Jahren haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf die „Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs“. Dabei geht es darum, frühzeitig zu entdecken, ob eine Patientin oder ein Patient eine Hautkrebserkrankung oder eine entsprechende Vorstufe hat. Alle zwei Jahre kann diese Untersuchung wiederholt werden. Viele Krankenkassen bieten die Untersuchung auch öfter und bereits für jüngere Versicherte an.

Der Chefarzt empfiehlt Darmkrebsvorsorge ab 50

Dr. Volker Launhardt, internistischer und kardiologischer Chefarzt des Wermelskirchener Krankenhauses, weist zudem noch einmal auf die Darmkrebsvorsorge hin. „Ein ganz wichtiger Punkt“, sagt der Mediziner. „Denn Darmkrebs ist eine der wenigen Krebserkrankungen, die man bei konsequenter Vorsorge praktisch verhindern kann.“

Empfohlen wird die Früherkennungs-Untersuchung inzwischen bei Männern und Frauen ab 50. „Gibt es in der direkten Verwandtschaft allerdings Darmkrebs-Fälle im jüngeren Alter, gibt es die Faustregel, dass die Patientin oder der Patient zehn Jahre vor dem Erkrankungsalter des direkten Verwandten mit der Vorsorge-Koloskopie, also der Darmspiegelung, beginnt“, sagt Launhardt.

Denn: Oft sind sogenannte Polypen im Darm zu finden, die manchmal Vorstufen einer Krebserkrankung sind. Die kann der Mediziner im Laufe der Untersuchung abtragen. Launhardt: „Dann sollte man mit dem behandelnden Arzt einen individuellen Vorsorge-Plan erstellen.“

Nicht familiäre Probleme über die eigene Gesundheit stellen

Der individuelle Plan bietet sich ohnehin an. Denn zwar lassen sich nicht alle Erkrankungen mit Früherkennungsuntersuchungen verhindern. „Aber sie werden oftmals, wie der Name schon sagt, früher erkannt“, betont Anna Slutschanski. Sie habe oft beobachtet, dass Familienangehörige jahrelang nicht zum Arzt gingen, weil sie einen kranken Angehörigen gepflegt haben.

Slutschanski: „Man sollte trotz allen Stresses die eigene Gesundheit im Blick behalten. Denn wenn man selbst erkrankt, kann man auch nicht mehr mit voller Kraft für seine Lieben da sein.“

Quelle: Remscheider General-Anzeiger (12.12.2023)