Inkontinenz

Als Inkontinenz wird der teilweise oder vollständige Kontrollverlust über das Einhalten von Stuhl (oder auch Urin) bezeichnet.

Die Stuhlinkontinenz wird in 3 Schweregrade eingeteilt:

  • Inkontinenz 1°: unfreiwilliger Abgang von Luft
  • Inkontinenz 2°: unfreiwilliger Abgang von Luft und flüssigem Stuhl
  • Inkontinenz 3°: unfreiwilliger Abgang von Luft, flüssigem und festem Stuhl

Betroffen sind bei Weitem mehr Frauen als Männer, und die Probleme nehmen in der Regel mit steigendem Alter zu.

Obwohl eine Stuhlinkontinenz durch eine Vielzahl unterschiedlichster Störungen und Erkrankungen verursacht sein kann, lassen sich doch für die meisten Fälle einige Hauptrisikofaktoren herausheben. Diese sind:

  • Schwangerschaften, möglicherweise mit Schließmuskelriss bei der Entbindung
  • Chronische Verstopfung mit Beckenbodensenkung
  • Voroperationen: Entfernung der Gebärmutter, Mastdarmentfernung, Operationen im Bereich der Schließmuskulatur

Die Diagnose einer Stuhlinkontinenz ergibt sich im Grunde schon aus der vom Patienten erlebten Problematik. Bei der Diagnostik spielt neben der allgemeinen proktologischen Untersuchung mit Proktoskopie und Rektoskopie die digitale Untersuchung (Austastung mit dem Finger) eine zentrale Rolle. Mit dieser einfachen Untersuchung lassen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen über Kraft, Intaktheit und willkürliche Steuerbarkeit des Schließmuskelrings. Bei klinischem Verdacht auf eine Schließmuskelverletzung veranlassen wir eine Ultraschalluntersuchung des Schließmuskels im Krankenhaus Wermelskirchen.

Die Behandlung einer Stuhlinkontinenz richtet sich ganz nach der individuellen Problematik des Patienten. Es gibt mehrere Behandlungsansätze, und in der Regel gehen wir stufenweise vor.

Bei Neigung zu dünnem Stuhl oder häufigem Wechsel von festem zu dünnem Stuhl sind zunächst stuhlregulierende Mittel oder Medikamente sinnvoll. Häufig lässt sich alleine schon mit diesen Maßnahmen das Problem lösen. Ein geformter Stuhl lässt sich schließlich viel besser und leichter kontrollieren als ein flüssiger oder breiiger.

Eine weitere Behandlungsoption ist das gezielte Beckenboden- und Schließmuskeltraining. Ein regelmäßiges Beckenbodentraining wird idealerweise für alle Frauen ab 40 empfohlen, insbesondere wenn sie Kinder geboren haben. Ein Anleitungsblatt dafür erhalten sie bei uns. Darüber hinaus gibt es unzählige Broschüren und Videos zu diesem Thema im Internet.

Bei ausgeprägter Schließmuskelschwäche kommt ein Verfahren zum Einsatz, bei dem der Schließmuskel durch Stromimpulse gezielt trainiert und gekräftigt wird (Elektrostimulation). Häufig wird diese Therapie noch kombiniert mit einem speziellen Training, welches die willkürliche Kontrolle über den Schließmuskel verbessert (Biofeedback).

Die Behandlung erfolgt zunächst für 3 Monate und muss ärztlich verordnet werden. Zu diesem Zweck kommt eine speziell für dieses Verfahren geschulte Therapeutin zu Ihnen nach Hause und weist Sie in das Gerät ein, mit dem die Therapie über eine anal eingeführte Sonde erfolgt.

Bei schwerer Inkontinenz, wo andere Maßnahmen zu keiner Verbesserung der Situation geführt haben, hat sich in den letzten Jahren ein neues Verfahren mit inzwischen guten Erfolgen etabliert. Bei der sogenannten Sakralnervenstimulation, die häufig auch als Beckenbodenschrittmacher bezeichnet wird, wird ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher eine stimulierende Sonde an der Stelle plaziert, an der die den Beckenboden versorgenden Nervenwurzeln das Kreuzbein verlassen. Dies sorgt dann für eine dauerhafte Anspannung von Beckenboden und Schließmuskel. Zur Stuhlentleerung wird das System vom Patienten selbst mit einem Magneten, der durch die Haut auf die Schrittmacherbatterie gehalten wird, ausgeschaltet und anschließend auf die gleiche Art wieder aktiviert.

Eine durchaus sinnvolle Alternative, auch bei einer schweren Stuhlinkontinenz dennoch eine gute Lebensqualität zu behalten, ist die sogenannte Irrigation. Bei diesem Verfahren, welches ursprünglich für Menschen mit künstlichem Darmausgang entwickelt wurde, führen die Patienten alle 24 bis 48 Stunden über entsprechende Einläufe eine kontrollierte Entleerung des gesamten Dickdarms herbei. Danach hat man je nach Nahrungsgewohnheiten für ein bis zwei Tage „Ruhe“ und kann seinem Alltag nachgehen, ohne sich mit dem Thema Stuhlgang befassen zu müssen.

Als wichtigste Botschaft sollten Sie als Betroffene/r mitnehmen, dass es bei einer Stuhlinkontinenz durchaus therapeutische Möglichkeiten gibt, das Problem zu lösen oder zumindest deutlich zu verbessern.